Lesen Sie hier die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden, Nicole Niederdellmann-Siemes, zum Haushalt 2022:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Ratskolleginnen und -kollegen, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung und der Presse, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
zu gerne würde ich heute sagen, was für ein verrücktes Jahr, aber es ist geschafft, wir haben das Corona-Virus besiegt. Leider bleibt uns das Virus jedoch auf unabsehbare Zeit erhalten und damit auch die Herausforderungen, für jede und jeden einzelne/n und für uns als Gesellschaft. Wie unter einer Lupe hat die Pandemie schonungslos aufgezeigt, wo wir als Stadt in den letzten Jahren zu wenig investiert haben. Sei es im Wohnungsbau, im Schul- und KiTa-Bereich, im Bereich der Digitalisierung, im Klimaschutzbereich, bei der Sanierung städtischer Gebäude oder bei der Sanierung von Radwegen.
Und dennoch ist der zweite Haushalt nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie davon geprägt, dass die Konzentration aufs Wesentliche, die Grundbedürfnisse der Daseinsvorsorge, erfolgen soll.
Sicherlich ist es nun nicht an der Zeit, sich mit einseitiger Klientel-Politik hinter ideologischen Mauern zu verschanzen. Sondern es ist die Zeit, die Interessen der gesamten Stadtgesellschaft über das eigene politische Ego und die Selbstprofilierung zu stellen. Mit unseren Anträgen wollten wir dazu beitragen, im Austausch mit den anderen Fraktionen, mit weiteren Investitionen unsere Stadt noch stärker auf die anstehenden Herausforderungen vorzubereiten. Denn wir alle tragen die Verantwortung für unsere Stadt. Wir alle haben uns dem Wohl der Meerbuscherinnen und Meerbuscher verpflichtet. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten geht das nur gemeinsam.
Was wir aber leider in den Beratungen erleben mussten, war eine Mauer der Unwilligkeit. Unsere Anträge wurden immer wieder mit dem Hinweis auf die angespannte Haushaltslage schlicht abgelehnt.
Im vergangenen Jahr war dies noch anders. Da herrschte der Wille durch Kommunikation und durch die Bereitschaft zum Zuhören den Haushalt gemeinschaftlich zu verabschieden.
Während sich im Bund eine Koalition aus SPD, Bündnis 90 /die Grünen und FDP auf den Weg macht eine Regierung des Fortschritts zu werden und mit dem Koalitionsvertrag eine Grundlage für einen Aufbruch in Deutschland liefert, bleiben CDU und FDP in Meerbusch ganz eng an der „Konzentration aufs Wesentliche“, aus unserer Sicht greift das zu kurz.
Damit die Grundbedürfnisse der Menschen in Meerbusch ausreichend befriedigt werden können, bedarf es für uns als SPD Fraktion im Haushalt ausreichender Mittel für:
Bezahlbares Wohnen,
Klimaschutz
Eine bedarfsgerechte Neugestaltung unserer Schullandschaft
Gute und bezahlbare KiTas
Soziales und kulturelles Leben in Meerbusch
Gehen wir die für uns wichtigen Themen einmal durch und fragen kritisch, sind die Ausgaben ausreichend, um diese Grundbedürfnisse der Daseinsvorsorge zu erreichen?
Bezahlbares Wohnen
In den letzten Tagen wurde viel über die Wohnraumentwicklung auf Bundesebene gesprochen. Die neue Koalition will 400.000 neue Wohnungen bauen. Und in Meerbusch konnten wir noch nicht einmal ein Gutachten beauftragen, mit dem Ziel einen Werkzeugkoffer zu entwickeln, um endlich mehr den dringend erforderlichen bezahlbaren und Generationen gerechten Wohnraum zu schaffen. Ob eine Grundstücksgesellschaft, oder mehr Erbbaurecht oder eine Kooperation mit (gemeinnützigen) Bauträgern hier besonders erfolgreich wäre, wird nun leider nicht untersucht. Stattdessen werden wir weiter erleben, wie Investoren Grundstücke ankaufen und mit immer teurer werdenden Wohnungen und Einfamilienhäusern bebauen. Schade, dass diese Chance nicht genutzt wurde, denn Wohnen zählt nun wirklich zu den zentralen Grundbedürfnissen der Daseinsvorsorgen. Und auch die Sanierung der Notunterkünfte konnte im vergangenen Jahr nicht realisiert werden. Dabei war das ein zentraler Punkt, weshalb wir dem letzten Haushalt zugestimmt haben.
Klimaschutz durch eine nachhaltige Mobilitätswende
Bereits 2019 wurde die Resolution „Klimaschutz vor Ort“ beschlossen. Für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es wichtig, dass wir in der Kommunalpolitik das hohe Potential vor Ort nutzen, den Klimawandel zu stoppen. Ein wichtiger Baustein dabei ist die Reduzierung des individuellen motorisierten Verkehrs.
Wurden im letzten Haushalt noch 50.000 Euro für Lastenräder eingestellt, so fehlen diese in diesem Jahr. Unser Antrag dies erneut einzustellen wurde abgelehnt. Auch für die Idee der Verwaltung möglicherweise Miet-Lastenrädern bereitzustellen, wurden keine Mittel in den Haushalt eingesetzt.
Der Ausbau und die Sanierung der Radwege sind aus unserer Sicht nicht ausreichend sichergestellt. Insbesondere die Strecke zwischen Osterath und Strümp wird von zahlreichen Schüler*innen genutzt. Immer wieder kommt es zu kritischen Begegnungen. Unser Antrag einen alternativen Radweg zu planen und zu bauen wurde abgelehnt. Insgesamt halten wir die Investitionen in das Radwegenetz für zu gering. Das bringt uns in der Mobilitätswende nicht schnell genug vorwärts und gefährdet zudem zahlreiche Schüler*innen auf ihrem Schulweg.
Auch unser Antrag städtische Parkplatzflächen zu entsiegeln, mit dem Ziel weniger Raum für parkende Autos und mehr Raum für die Menschen zu schaffen, wurde abgelehnt.
Bedarfsgerechte Schulentwicklung
Bildung ist für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine der wichtigsten Zukunftsinvestitionen. Schulen sind mehr als ein Ort des Lernens, sie sind ein Ort des Lebens. Auch in diesem Jahr mussten wir miterleben, dass unsere Kinder unter der Pandemie leiden. Auch wenn Schulen und Kitas geöffnet waren, so spüren die Kinder, dass wir in sehr schwierigen Zeiten leben. Unterrichtsausfall, ständige Tests und die Angst vor einer Ansteckung belasten sie sehr.
Uns ist wichtig, dass wir als Stadt Meerbusch noch mehr investieren, um in unseren Schulen ausreichend Platz zu schaffen, insbesondere im Hinblick auf das Ziel den Bildungsauftrag im offenen Ganztag qualitativ umsetzen zu können.
Im Haushalt stehen ausreichend Mittel für die Umsetzung des beauftragten Schulentwicklungskonzepts im Hinblick auf die Grundschulen. Wir hätten uns gewünscht, dass der Schulausschuss sich bereits klar positioniert hätte und unserem Antrag die neue Grundschule in Büderich als Cluster-Schule zu konzipieren gefolgt wäre. Mit der Aussage, dass der Standort noch nicht abschließend klar sei, war erkennbar, dass unserem Antrag nicht gefolgt werden sollte. Wir haben ihn dann zurückgezogen und werden die Auseinandersetzung über die Art der neuen Schule erneut als Antrag in den Schulausschuss einbringen.
Aber bei dem bedarfsgerechten Ausbau der weiterführenden Schulen machen wir erneut den Fehler nicht langfristig genug zu planen. Nun soll das vorhandene Schulsystem gestärkt werden, indem alle weiterführenden Schulen saniert und erweitert werden. Und, obwohl insbesondere an der Gesamtschule die Erweiterung der Zügigkeit zu Problemen mit dem pädagogischen Konzept führen kann, wurde noch nicht einmal dem Antrag auf eine erneute Beratung bei der Bezirksregierung mit zwei alternierenden Konzepten zugestimmt. Die letzte Beratung erfolgte dort 2019 mit völlig anderen Zahlen im Hinblick auf die Entwicklung der Schüler*innen. Nun wird aus ideologischen (?) Gründen mit der vordergründigen Begründung des Zeitdrucks ein Beibehalten des vorhandenen Systems beschlossen. Wir meinen, dass die Strukturen dem Bedarf entsprechend angepasst werden müssten und halten eine zweite Gesamtschule – unter Umständen in Kooperation mit einer Nachbarstadt – für sinnvoll.
Gute und bezahlbare KiTas
Die KiTa-Gebühren wurden im vergangenen Jahr diskutiert. Unser klares Ziel, die unteren Einkommensgruppen zu entlasten, wurde nur in Teilen erreicht. Wir hätten uns hier noch mehr erwartet. Denn gerade die Reduzierung der KiTa Beiträge bedeutet für Familien eine spürbare Entlastung.
Das Alltagshelfer-Programm an Kitas einzustellen, war ein riesiger Fehler der Landesregierung. Besonders vor dem Hintergrund des eklatanten Personalmangels sind Alltagshelferinnen und -helfer entscheidende Stützen für den Betrieb der Kitas in NRW. Gerade in der Corona-Pandemie sind Alltagshelferinnen und -helfer eigentlich unverzichtbar. Bei der Umsetzung von Hygienemaßnahmen wird jede helfende Hand in den KiTas gebraucht. Daher ist es richtig, dass die Landesregierung nun ihren Fehler korrigiert. Dennoch wollten wir zeitnah handeln und mit kommunalen Mitteln Alltagshelfer*innen einstellen. Denn wir haben bei dem Thema Schulsozialarbeit gesehen, dass die Förderung des Landes unzureichend ist.
Bei der Schulsozialarbeit haben wir wertvolle Zeit verloren. Bereits im letzten Jahr wollten wir zusätzliche Schulsozialarbeiter*innen kommunalfinanziert einstellen. Die Aussagen der Schulleitungen haben sehr deutlich gemacht, wie wichtig die Arbeit der Schulsozialarbeit gerade in der Corona-Pandemie ist. Endlich hatten auch CDU und FDP ein Einsehen, dass es neben den Mitteln des Landes Geld aus dem städtischen Haushalt bedarf.
Wahrscheinlich werden wir im kommenden Jahr dann auch die benötigten Alltagshelfer*innen mit entsprechender Kommunalfinanzierung erhalten. Denn auch der Personalrat hat in seiner Stellungnahme auf die Notwendigkeit der Entlastung der Erzieher*innen verwiesen.
Soziales und kulturelles Leben in Meerbusch
Freischaffende Künstlerinnen und Künstler sind von der Corona-Pandemie besonders betroffen. Kunst und Kultur sind für das Leben in einer Stadt aber wichtig und wir wollen, dass auch noch nach der Krise Kunst und Kultur in Meerbusch gelebt wird. Daher haben wir beantragt, dass die Stadt die Kunstschaffenden unterstützt, indem Kunstwerke angekauft werden. Mit diesem Antrag konnten wir uns in diesem Jahr leider nicht durchsetzen.
Ebenso konnten wir nicht erreichen, dass das Theater am Wasserturm eine dringende Sanierung der Lüftungsanlage erhält. Dieses Theater ist eine zentrale Einrichtung in der Meerbuscher Kulturszene, die wir gerne stärken wollen.
Für die Arbeit des Seniorenbeirates konnten wir die Geschäftskosten erhöhen. Dies ist wichtig, damit die Struktur der Seniorenarbeit verbessert werden kann. Neue Impulse für die Seniorenarbeit oder die Digitalisierung dieser sind wichtige Themen, die nun beispielsweise im Rahmen einer Konferenz beraten werden können.
Diese kurze Auflistung zeigt das Problem: In der Vergangenheit ist zu viel liegengeblieben und es wird schwierig dieses aufzuholen. Der vorliegende Haushalt greift zu kurz – wir investieren nicht genug. Die SPD kann daher dem Haushalt nicht zustimmen, denn wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissen, falsches Sparen kann sehr schnell sehr teuer werden.
Aus Überzeugung hingegen werden wir dem Stellenplan zustimmen. Es werden neue Planstellen geschaffen. Wir wünschen uns sehr, dass es gelingt, diese Stellen zu besetzen, denn aus unserer Sicht hätten wir noch weitere Stellen benötigt. Gute Arbeit verdient Respekt und Anerkennung und es gilt die Beschäftigten nicht zu überfordern, sondern sie zu motivieren! Die Aufgaben, die Politik der Stadtverwaltung auferlegt, erledigen sich nicht von selbst und dürfen nicht zu übermäßigen Belastungen einzelner Mitarbeiter*innen führen. Ja, wir brauchen eine effektive und seriöse Aufgabenkritik, daher ist die geplante Organisationsuntersuchung auch richtig.
Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, dass wir in der Stadt Meerbusch sehr engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die unsere Verwaltung Tag für Tag am Laufen halten. Deshalb möchte ich im Namen meiner Fraktion den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserer Stadtverwaltung unseren besonderen Dank für die geleistete Arbeit und die gute Zusammenarbeit aussprechen.
Im Namen der SPD Fraktion und auch persönlich wünsche ich Ihnen allen ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Start in ein hoffentlich gesundes neues Jahr.